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RPC 2009 – Regattabericht Werner Luschnig, Dufour 44p „Elba“

Hallo Segelfreunde und Kollegen,
wir sind unglaublich stolz auf unseren Sieg in der Dufour 44p One-Design Klasse bei der Round Palagruza Cannonball Regatta diese Woche! Die Ziellinie bei Biograd haben wir nach etwas mehr als 86 Stunden non-stop am Donnerstag den 16.4. um 4:44 morgens überfahren.
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Wir hatten eine sehr kompetente Crew, die "Chemie" an Bord stimmte und die meiste Zeit waren wir in bester Stimmung unterwegs. In den Nächten hatten wir eine Schichteinteilung mit 2 klar definierten Crews. Die eine Schicht von 2200 bis 0300 Uhr bestand aus meinem Co-Skipper Roland Graf mit seinen 2 weiteren Kremser Segelfreunden Colin Frings und Jörg Handhofer, und unserem Tausendsassa Gidi Färbinger aus dem Pinzgau. Das zweite Schichtteam von 0300 bis 0700 bestand neben mir aus meiner Lebensgefährtin Christine Unterweger, Manfred Preitnegger und Michael Staber. Manfred kenne ich bereits seit unserem Studium, und wir sind beide vom KYC Pörtschach, wo wir gemeinsam das Starboot 7651 fahren. Außerdem sind Michael und Manfred meine Kollegen bei Infineon.

Falls ihr den Regattaverlauf ab Palagruza mitverfolgen konntet, dann habt ihr wahrscheinlich eine Ahnung über die engen und abwechslungsreichen Matchraces die sich vor allem während der Durchfahrt zwischen Peljesak und Mljet auf Sicht- und teilweise Rufweite abgespielt haben. Bei einer 400 Meilen Regatta denkt man eher an lange Segelnächte ohne den Gegner zu Gesicht zu bekommen - mitnichten. Das waren heuer 86 Stunden mit ständigen Angriffs und Abwehrtaktiken.

Die Wetternavigation mit Windvektorfelddaten die offiziell alle 12h neu zur Verfügung standen war zum vergessen, weil in 80% der Fälle das wirklich erlebte Wetter den Modellvorhersagen vollkommen widersprach - die Windmodelle für die dalmatinische Küste sind offensichtlich sowohl vom kroatischen ALADIN als auch vom deutschen Wetterdienst in Kiel noch lange nicht ausreichend - die komplexe Situation in der kroatischen Inselwelt lässt sich eben nicht mit der Nordsee vergleichen... Wie auch immer, mit Revierkenntnissen und meteoroligischen Einschätzungen aus den Grunddaten sind uns zumindest ab Mljet ausschliesslich richtige Wetternavigationsentscheidungen gelungen.
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Unsere Yacht die "Elba" war segeltechnisch ausgezeichnet und gut ausbalanciert, das Unterwasserschiff frisch gereinigt, nach einer ersten Trainingsfahrt am Karfreitag hatten wir dann noch nach Austausch des Unterlieksstreckers und eines Positionslichtes ein perfektes Schiff.

Die Dufour Einheitsklasse wurde mit einem 100% Vorsegel ausgestattet, und die Bavaria 42 Match Klasse mit einer 140% Genua. Dies wurde von der Regattaleitung so entschieden, damit die Bavarias nicht zu spät nach den Dufour in das Ziel fahren - da ja die Dufours eigentlich schneller sind als die Bavarias. Durch die vorherrschenden Leichtwinde zwischen Bft 1 - 3 haben aber dann mehrere der Bavaria Teams doch einige schwierige Windkanten wegen der großen Genua besser gemeistert und sind noch vor Einsetzen der Nachtflaute von Mittwoch auf Donnerstag ins Ziel gefahren. Wir selbst sind 12 Meilen vor dem Ziel am Mittwoch Abend in der Flaute verhungert und mußten uns trotz erheblichen Vorsprungs auf die nächsten Dufour Boote, unseren Sieg noch taktisch absichern - nichts ist schlimmer als als führendes Boot in einem Flautenloch zu sitzen und aus der Ferne den überholenden Booten zuzusehen, aber das konnten wir verhindern.

Der Hasenstart am Ostersonntag um 1430 bei Bft 3 aus W war ein interessantes Erlebnis, wir hatten zwar den Hasen gefunden aber nicht das Gateboot identifiziert - plötzlich gings aber sehr schnell und wir fanden uns in in einer ungünstigen Startposition wieder. Nach Umrunden der Luvboje als vorletztes Boot konnten wir jedoch dann mit dem Spi am NO-Ufer des Zadarski Kanals weitaus besser angeluvt schneller als die anderen Boote fahren, und uns nach 6 - 7 Meilen in das erste Drittel nach vorne versetzen - so macht das Segeln wirklich Spaß 🙂
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Die Nachtdurchfahrt aus dem Zadarski Kanal nördlich von Dugi Otok auf die offene Adria hinaus war bei SW Bft 1 - 3 und beinahe ohne Welle eine segelerisches Gustostückerl bezüglich Trimm und Wendentaktik. Bei der Umfahrung der Dugi Otok Nordspitze hat uns aber dennoch unser Freund und Gegner Stefan Schindler auf "Sardinia" in Lee überholt, weil er offensichtlich den Tiefenverlauf nahe den dortigen Untiefen genauer studiert hatte und eine riskantere Route gewählt hat.

Nach der Nordspitze von Dugi Otok haben wir uns zuerst mit Süd-Kurs auf halbem Wind etwa 5 Meilen vor die Küste versetzt, haben dann etwa am 44. Breitengrad den Spi gesetzt und sind auf direkten Kurs auf Vis gegangen. Damit waren wir gegenüber der Sardinia wieder im Vorteil.
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Etwa auf der Höhe von Piskera hat der Wind zusehends links gedreht, sodaß wir uns mit Spi auf Halbwind den Inseln näherten und immer mehr in einen ungünstigen Kurs auf die nächste Bahnmarke Vis/Bisevo drehten. Daher haben wir dann auf der Höhe der Südspitze Kornat den Spi geborgen und auf einen SSW Kurs gewendet. Der Jugo war inzwischen auf 17 - 22 kn angewachsen, und so hatten wir das Vergnügen bei hart-am-Wind Kurs mit Vollzeug gegen den immer mehr linksdrehenden Jugo die 50 Meilen bis Vis anzuknüppeln. Hier war nur mehr Reinhard Laufer auf der "Malta" etwa eine halbe Meile vor uns. Die Welle auf offener See war kurz und spitz. Der Bootskörper schien nach jedem Aufprall nach der Welle auseinander zu brechen, und bei Teilen der Crew trat eine "akute Bulimie" auf.

Nach der Durchfahrt bei Vis/Bisevo um Mitternacht von Montag auf Dienstag setzten wir wieder den Spi auf Backbordbug und sind bei einer 4m hohen und langgezogenen Welle bei Bft 5 nach Süden in Richtung Palagruza gerast. Diesen Bug haben wir dann wahrscheinlich im Geschwindigkeitsrausch bei Mondschein zu lange gefahren, und sind dann ohne Spi nach der Halse mit Kurs 240 auf die Bahnmarke Palagruza bei Halbwind und Bft 6 zugefahren. In der Dämmerung konnte man bereits den Felsen mit Leuchtturm erkennen. Bei Geschwindigkeiten jenseits von 10 kn gab uns dieser Anblick trotz der frühen Tageszeit kurz vor 0600 einen euphorischen Kick, bis wir sahen daß uns die Malta und die Sardinia wieder überholt hatten und beim Umrunden von Palagruza auf Rufweite waren.
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Der neue Kurs 070 auf die Ostspitze von Mljet zu war am Wind bei Bft 4 zu fahren, nun mußten wir angreifen. Mit Segeltrimm vom Feinsten gelang es uns beide Gegner nach 10 Meilen Fahrt deutlich hinter uns zu lassen und die Führung zu übernehmen. Nach einer weiteren Wind-Linksdrehung hat Stefan auf der Sardinia als erste Dufour den Spi gesetzt und hat uns gleich überholt währund wir uns noch in der Klarierung zum Setzen befanden.

Gleich nach dem Mljet Ostkap setzte ein neuer Krimi ein: Die Spi fallen in sich zusammen und alle Dufours und auch die meisten Bavarias treffen sich zu einem Neustart der Regatta! Der Verklicker verfallen in eine Identitätskrise und drehen sich als hätte er einen Motor eingebaut. Die Nerven liegen blank an Deck. Und da - eine Windstrich und es geht wieder los - nein, schon wieder vorüber. Plötzlich ziehen alle Yachten die ganz eng an Mlet liegen langsam an uns vorbei, die weiter draußen fahrenden Yachten wie auch wir müssen hilflos zusehen wie das ganze Feld an uns vorüber zieht. Und dann plötzlich ein nachhaltiger Windstrich plötzlich mit Bft 4 - rechts und links sehen wir mit Erstaunen daß die anderen stehen, aber auch das hielt nicht lange. Langsam setzte der Wind mit 3 - 5 kn nachhaltig wieder ein, und nun gilt es das richtige Wetterrouting durch den Mletski Kanal festzulegen und konsistent durchzustehen. Mit der nördlichen Seite sind wir gut dran und wir überholen alle Dufours. Von den Bavarias sind nach passieren der Westspitze Mljet nur mehr 3 Yachten vor uns, diesen Stand können wir bis vor Zirje durchhalten.

Nach Einsetzen der Nachtflaute am Mittwoch Abend zwischen Zirje und Kakan wollten wir uns 12 Meilen vor dem Ziel taktisch vor allem gegen die zweiten unter den Dufours absichern - inzwischen war nämlich Walter Peyer auf der Corsica in die zweite Position gefahren. So haben wir uns mit knapp 1 kn Fahrt zwischen das Ziel und der Corsica geschoben, dadurch konnten uns 3 Bavarias in Schleichfahrt überholen.

Am Donnerstag kurz vor 0100 kam der Wind 1 Meile vor dem Ziel vollständig zum Erliegen, und wir mußten noch weitere 4 Stunden mit SOGs zwischen 0.2 bis 0.4 kn bis zur Ziellinie in Biograd auf den Sieg warten.

Alles in allem ein großartiges Erlebnis! Den beiden Organisatoren Ronnie Zeiller und Misa Strobl ist es zu verdanken, daß diese herausfordernde Regatta zustande kam. Vor allem ist es ihnen gelungen einen Geist von Fairness und Integrität in die Veranstaltung zu bringen, in der sich die Gegner auch als Freunde sehen. Die Kommunikation bewegt sich auf hohem Niveau und es wird die Einhaltung von wichtigen Prinzipien für eine solche Wettfahrt eingefordert.
Liebe Grüße
Werner Luschnig
Mitglied des Kärntner Yachtclub Pörtschach
Sallacherstr. 12 9210 Pörtschach